Umkleidezeit vs. Arbeitszeit:

Jede Minute zählt - oder?

  

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Vom Pflegepersonal bis zu Sicherheitskräften sind viele Beschäftigte verpflichtet, für die Ausübung ihrer Tätigkeit bestimmte Arbeitskleidung zu tragen. Die dafür benötigte Umkleidezeit vergüten einige Arbeitgeber allerdings nicht. Ist das rechtens? Was der Gesetzgeber zur Anerkennung der Umkleidezeit als Arbeitszeit sagt, was das mit "auffälliger Dienstkleidung" zu tun hat und wie Swisio hilft, die Zeiterfassung - inklusive Umkleidezeit - deutlich zu erleichtern, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Was versteht man unter Arbeits- und Umkleidezeit?

Bei der Arbeits- bzw. Umkleidezeit handelt es sich um zwei wichtige Konzepte im Arbeitsrecht. Eine klare Unterscheidung der beiden Begriffe ist von großer Bedeutung, da sie einerseits Fairness für Arbeitnehmer und andererseits klare rechtliche Rahmenbedingungen für Arbeitgeber schafft.

  • Unter Arbeitszeit versteht man die Zeitspanne, während der ein Arbeitnehmer gemäß seines Vertrages Arbeitsleistungen erbringt oder sich auf Weisung des Arbeitgebers bereithalten muss. Dazu gehören die eigentliche Tätigkeit in der regulären Arbeitszeit, aber auch Überstunden und Bereitschaftszeiten.
  • Die Umkleidezeit (gelegentlich auch als "Rüstzeit" bezeichnet) ist die Zeit, die ein Arbeitnehmer benötigt, um vor und nach der Arbeitszeit bestimmte Kleidung an- bzw. abzulegen. Dies kann zur Arbeitszeit zählen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

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Regelung in der Rechtsprechung:

Wann ist Umkleidezeit auch Arbeitszeit?

Das Anziehen und Ausziehen von Kleidung ist grundsätzlich eine private Angelegenheit, und ist normalerweise nicht als Arbeitszeit anrechenbar. Wie bereits angedeutet, kann die Umkleidezeit nur unter bestimmten Voraussetzungen als vergütungspflichtige Arbeitszeit gelten. Denn einige Arbeitgeber verlangen von ihren Beschäftigten, dass sie bei der Arbeit spezielle Dienstkleidung tragen. Beispiele sind etwa die typischen weißen Kittel für medizinisches Fach- und Pflegepersonal, Uniformen für Angehörige von Polizei und Feuerwehr oder spezielle Arbeitsoveralls für Handwerkerinnen und Handwerker.

Das An- und Ablegen solcher Kleidung nimmt eine gewisse Zeit in Anspruch. Nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte gilt die Umkleidezeit vor diesem Hintergrund dann als vergütungspflichtige Arbeitszeit, weil sie der "Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient" und nicht auch ein eigenes Bedürfnis erfüllt.

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Diese juristisch etwas schwerfällige Formulierung bedeutet konkret Folgendes:

  • Wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung (i.e. spezielle Arbeitskleidung oder Schutzkleidung) anordnet und das Umkleiden im Betrieb erfolgen muss

    oder

  • wenn diese Kleidung besonders auffällig ist und der Arbeitnehmer sie deshalb im Betrieb anzieht,

dann muss die Zeit, die Beschäftigte für das An- und Ablegen von Berufskleidung aufwenden, als Arbeitszeit angesehen werden.

Somit besteht für diese Umkleidezeit grundsätzlich auch eine Pflicht zur Vergütung. Wenn das Umkleiden hingegen auch den Bedürfnissen des Arbeitnehmers dient, zählt die Umkleidezeit nicht zur Arbeitszeit. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn Beschäftigte entscheiden, die Kleidung zu Hause anzuziehen und sie auf dem Weg zur Arbeit zu tragen.

Von Logo-Shirts und Uniformen: Was ist "besonders auffällige Dienstkleidung"?

Anzumerken ist, dass mit "besonders auffälliger Kleidung" nicht unbedingt eine Uniform gemeint sein muss. Nach dem Gesetz gilt Arbeitskleidung nämlich bereits dann als besonders auffällig, wenn sie sich durch ein einheitliches Design, spezielle Farben, bestimmte Logos oder Aufdrucke deutlich von gewöhnlicher Alltagskleidung unterscheidet - und dies kann bereits bei einem gewöhnlichen Shirt der Fall sein, das ein Logo eines bestimmten Unternehmens trägt. Da solche Merkmale allein der Identifizierung der Beschäftigten innerhalb eines Unternehmens oder der Erfüllung bestimmter Betriebs- und Sicherheitsanforderungen dienen (z.B. die Kleidung kann in der Öffentlichkeit mit einem bestimmten Berufszweig in Verbindung gebracht werden), ist davon auszugehen, dass das Tragen der Kleidung nicht im Interesse der Beschäftigten, sondern ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers liegt. Anders verhält es sich wiederum mit Geschäftskleidung, zum Beispiel für Bankangestellte oder Beamte, da diese auch für die private Nutzung geeignet ist.

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Von der Garderobe zum Arbeitsplatz: Umkleide- und Wegezeiten

In der Regel müssen neben der Zeit, die für das An- und Ausziehen einer bestimmten Kleidung benötigt wird, auch alle anderen Tätigkeiten entlohnt werden, die direkt damit zusammenhängen. Man spricht hier von der sogenannten "Wegezeit": Darunter fällt zum Beispiel das Abholen der Arbeitskleidung, die Auswahl und Anprobe sowie die Zeit, die Beschäftigte damit verbringen, zu speziellen Umkleidebereichen zu gelangen. Um im Falle eines Rechtsstreits die Vergütung einfordern zu können, müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Umkleidezeit und die damit verbundenen Wegezeiten nachweisen.

Was sind typische Beispiele für Berufe mit Umkleidezeiten?

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Jobs, in denen Umkleidezeiten auf die Arbeitszeit angerechnet werden, sind typischerweise solche, in denen das Tragen spezieller Arbeitskleidung erforderlich ist. Im Gesundheitswesen beispielsweise benötigen Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte und OP-Personal spezielle medizinische Kleidung wie Kittel und Hauben. Ebenso müssen Handwerkerinnen und Handwerker durch ihre berufliche Tätigkeit oft Schutzkleidung wie Helme, Sicherheitsschuhe und Arbeitsjacken anlegen. Auch Angestellte in der Gastronomie tragen in der Regel Uniformen oder andere Arbeitskleidung. Weitere Beispiele sind etwa Sicherheitskräfte, Feuerwehrleute und Rettungsdienste, aber auch Angestellte in der Industrie, Pilotinnen und Piloten oder Flugpersonal. In all diesen Berufen ist es üblich, dass Arbeitgeber Umkleidezeiten als Teil der Arbeitszeit anerkennen, da das An- und Ausziehen der Arbeitskleidung unmittelbar mit der Berufsausübung verbunden ist und häufig im Betrieb erfolgen muss.

  
Tarifverträge & abweichende Regelungen:

Welche Sonderfälle gibt es?

Die Anrechnung von Umkleidezeiten auf die Arbeitszeit hängt von verschiedenen Kriterien ab, die etwa durch tarifliche Regelungen, Betriebsvereinbarungen, gesonderte Vergütungsregelungen oder gesetzliche Bestimmungen definiert sein können. Tarifverträge spielen hier eine entscheidende Rolle, da sie branchenspezifisch festlegen, ob und unter welchen Bedingungen Umkleidezeiten als Arbeitszeit vergütet werden müssen. Auch enthalten den Arbeits- oder Tarifvertrag ergänzende Betriebsvereinbarungen, die zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat ausgehandelt werden können, oft gesonderte Regelungen zur Anrechnung von Umkleidezeiten auf die Arbeitszeit. In der Praxis ist es daher entscheidend, die vertraglichen Bestimmungen und erarbeitete Vereinbarungen im Hinblick auf bezahlte Arbeitszeiten zu beachten, um sicherzustellen, dass Arbeitnehmer gerecht behandelt werden.

Vergütung von Umkleidezeiten: Beschäftigten- vs. Unternehmenssicht 

Immer wieder müssen Gerichte die Entscheidung treffen, ob bzw. inwiefern im Hinblick auf Umkleidezeiten Anspruch auf Vergütung besteht. Grundsätzlich besteht eine Diskrepanz zwischen betrieblichen Interessen und den Rechten und Erwartungen der Beschäftigten.

  
Digitale Zeiterfassung von Swisio:

Chancen für gerechte Vergütung und Compliance

In seinem Urteil vom 14. Mai 2019 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die EU-Mitgliedsstaaten Arbeitgeber verpflichtet, ein Arbeitszeitsystem einzuführen. Diesem sogenannten "Stechuhr-Urteil" folgend hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner Entscheidung vom 13. September 2022 verfügt, dass Arbeitgeber zur Einführung und ordnungsgemäßen Nutzung eines Systems zur elektronischen Arbeitszeiterfassung sind.

Diese Pflicht bietet auch eine wichtige Chance im Hinblick auf die korrekte Erfassung und Vergütung von Umkleidezeiten. Denn mit einer digitalen Zeiterfassung können Unternehmen präzise und transparent die tatsächlichen Arbeitszeiten, einschließlich der Umkleidezeiten, dokumentieren. Dies ermöglicht eine gerechte Vergütung für die Beschäftigten und reduziert das Risiko von Rechtsstreitigkeiten wegen unbezahlter Arbeitszeit. Gleichzeitig hilft die elektronische Erfassung den Unternehmen, die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben und tarifvertraglicher Regelungen sicherzustellen.

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Die Employee Self Service Software von Swisio verfügt über ein speziell entwickeltes digitales Zeiterfassungsmodul. Damit ist es möglich, Plangruppen so zu konfigurieren, dass Umkleide- und Wegezeiten nicht nur präzise dokumentiert, sondern automatisch zur gestempelten Arbeitszeit hinzugerechnet werden. Über Terminals vor Ort (oder auf Wunsch auch bequem über die Swisio-App) erfasst das System den Zeitpunkt, zu dem Mitarbeiter/innen ihre Arbeit beginnen, beenden und Pausen einlegen. Die so erhobenen Daten werden automatisch in den Swisio-Dienstplan übernommen.

Diese automatische Berechnung ermöglicht die effiziente Verwaltung und Erfassung von Arbeitszeiten und -kosten. Darüber hinaus hilft sie, Compliance-Anforderungen und Tarifvertragliche Regelungen einzuhalten - und auf diese Weise potenzielle Streitigkeiten über die Arbeitszeitvergütung in der Umkleidezeit von vornherein zu vermeiden.

    

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